Meinung

Nach BVG-Urteil: Mit Haushaltssperre und Schuldenbremse in den wirtschaftlichen und sozialen Ruin

Trotz des Finanzlochs durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts beharrt die Ampelregierung auf der Schuldenbremse. Mit Lindners Haushaltssperre droht nun eine harte Sparpolitik zulasten der Mittel- und Unterschicht, inklusive Massenarbeitslosigkeit und fortgesetzter Wirtschaftskrise.
Nach BVG-Urteil: Mit Haushaltssperre und Schuldenbremse in den wirtschaftlichen und sozialen RuinQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Thomas Koehler via www.imago-images.de

Von Susan Bonath

Die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP steuert auf einen finanzpolitischen Notstand zu. Zum ersten Mal kippte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einen Nebenhaushalt. Noch nie sperrte eine Regierung so weite Teile des Bundeshaushalts wie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) als Reaktion darauf. Damit droht die härteste Sparpolitik in der Geschichte der Bundesrepublik. Vor allem die Mittel- und die Unterschicht werden den Preis dafür zahlen.

Ampelplan und Karlsruher Urteil

Was ist passiert? Das höchste Gericht in Karlsruhe hat die nachträgliche Umwidmung von 60 Milliarden Euro verboten. Das Geld war eigentlich im Nachtragshaushalt für 2021 für Corona-Hilfen eingeplant, vor allem für den Mittelstand. Es wurde aber nicht ausgegeben. Besser gesagt: Der Staat nahm die dafür bewilligten Kredite nicht auf. Zu dieser Zeit hätte er es gedurft, denn die vorherige Regierung hatte die Schuldenbremse wegen der "Coronakrise" ausgesetzt. Seit diesem Jahr ist sie aber wieder in Kraft.

Der Plan der Ampel war es nun, die 60 Milliarden Euro Kreditvolumen für neue Ausgaben umzuwidmen – und zwar ohne die Steuern für Reiche zu erhöhen, womit sich die FDP in der Koalition durchgesetzt hatte. SPD und Grüne hingegen wollten trotzdem die größten Lücken des Sozialstaats flicken, um das Anwachsen der Armut einzudämmen. Zudem wollten sie die klimapolitische Wende mittels Subventionen vorantreiben. Der Plan scheiterte, und das war absehbar.

Bürger sollen zahlen

Weil nun das Geld fehlt, sollen die "kleinen Leute" blechen: Die Ampel erhöht die Mehrwertsteuer für Fernwärme und Gas sowie in der Gastronomie, um ein paar Milliarden Euro herauszuschlagen. Heizen und Essengehen werden noch teurer als ohnehin schon, mithin für immer mehr Menschen unbezahlbar.

Sozialpolitisch ist die Regierung bereits massiv zurückgerudert: Beim Projekt Kindergrundsicherung beispielsweise, das zu einem Tropfen auf den heißen Stein verkümmert ist. Auch sozialen Trägern wird das Geld im nächsten Jahr massiv gekürzt. Die großen Sozialverbände warnten bereits mehrfach vor einem Zusammenbruch zahlreicher Hilfsprogramme für die Schwächsten.

Kernproblem Schuldenbremse

All das beruht auf einem Kernproblem: der starren Schuldenbremse, auf der bisher alle Parteien außer der Linken beharrten, von der SPD und den Grünen über die CDU und FDP bis hin zur AfD. Die Ampel wollte diese Bremse lediglich ein wenig in ihrem Sinne umgehen. Sie schuf de facto eine neue Regel: Das Befüllen eines Topfes sollte unter die Schuldenbremse fallen, anstatt wie zuvor das Ausgeben des Geldes. Die Töpfe wurden also befüllt, als die Bremse ausgesetzt war, und sollten nun geleert werden, wenn sie wieder gilt.

So wollte die Ampel nicht nur beim sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgehen, was Karlsruhe als verfassungswidrig verworfen hat. Gleiches war für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) geplant. Aus diesem finanziert der Staat derzeit vor allem die Energiepreisbremsen. Fallen diese weg, werden wohl noch mehr Menschen in Deutschland im Kalten sitzen. Auch der WSF ist nun gesperrt.

Ein Ausweg aus der Misere läge auf der Hand: Die Regierung könnte die Schuldenbremse erneut aussetzen oder zumindest nach Bedarf ein wenig aushöhlen. Der Staat würde dann – rein rechtlich und rechnerisch – 150 statt etwa 35 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Ins Gewicht fallen würde das nicht wirklich.

Für das bloße Aussetzen wäre die Energiekrise ein Grund. Der Staat könnte beispielsweise auch eigene Investitionsgesellschaften gründen, um die stagnierende Konjunktur voranzutreiben. Dafür müsste die Bundesregierung nicht einmal das Grundgesetz ändern, in dem die Schuldenbremse festgeschrieben ist. Eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag gäbe es dafür ohnehin nicht.

Preisexplosion und Wohnungsnot

Das Ausmaß der Verwerfungen durch Lindners Haushaltssperre ist derzeit nur zu erahnen. Passiert nichts, werden wohl die Energiepreisbremsen ab 2024 nicht mehr greifen, wie das Handelsblatt berichtete.

Damit droht eine erneute Preisexplosion der Heiz- und Stromkosten. Viele Menschen wissen schon jetzt nicht mehr, wovon sie ihre monatlichen Rechnungen begleichen sollen. Auch die Jobcenter übernehmen Heizkosten nur begrenzt, Strom müssen Leistungsbezieher seit jeher aus ihrem Regelsatz bezahlen.

Die staatliche Förderbank KfW hat ebenso bereits auf Lindners Haushaltssperre reagiert.  Sie verhängte am Mittwoch einen Antrags- und Zusagestopp für geplante Wohnungsbauprogramme, etwa für altersgerechtes Umbauen, energetische Stadtsanierung, Genossenschaftsförderung und Härtefallhilfen zum Beispiel für kommunale Unternehmen.

Dies würde die ohnehin schon dramatische Wohnungsnot verschärfen, die Mieten zusammen mit den Strom- und Heizkosten weiter in die Höhe treiben, was sich auf viele andere Preise, zum Beispiel Lebensmittel, auswirken würde. Das ließe die Kaufkraft weiter schwinden, was wiederum vor allem Kleinunternehmen in die Pleite triebe und die Arbeitslosigkeit wachsen ließe.

Merz' "Konjunkturprogramm": Arme ärmer machen

Die 2024 steigende Bepreisung von Kohlenstoffdioxid, die sogenannte CO2-Abgabe, dürfte das Desaster vervollständigen. Zwar muss die Abgabe von der Industrie entrichtet werden. Wie im Kapitalismus aber üblich, werden die Konzerne sie einfach an die Verbraucher weitergeben.

Das wird nicht nur auf das Tanken und Heizen sowie die Müllgebühren draufgeschlagen, sondern auch die Kosten für den normalen Wocheneinkauf weiter ankurbeln. Mit Mondpreisen für Lebensmittel kennen sich die Deutschen inzwischen bestens aus – die letzten eineinhalb Jahre waren wohl nur der Anfang.

Die damit drohende Verarmung weiterer Bevölkerungsteile, verschärft durch unzureichende Löhne und vermehrten Jobverlust, ist für CDU-Chef und Ex-BlackRock-Aufsichtsrat Friedrich Merz offenbar noch nicht genug. Er schlug eine seiner üblichen "Strategien" vor, um die Probleme zu lösen: noch mehr Verarmung durch Sozialkürzungen. Merz will – es war zu erwarten – die Kindergrundsicherung abschreiben und beim Bürgergeld sparen.

Nach einem Konjunkturprogramm für die kriselnde Wirtschaft klingt das nicht. Wachsende Armut bei gleichzeitig steigenden Kosten ruiniert vielmehr die Wirtschaft – zuerst den Mittelstand mit geringen Rücklagen, der seine Waren nicht mehr loswird.

Das wiederum verschärft Arbeitslosigkeit, Armut und Krise. Eine Endlosspirale droht. Man könnte annehmen, Lindner, Merz und Co. haben entweder den Kapitalismus doch nicht ganz verstanden, oder sie sind heimliche Fans von Oligarchie inklusive rechtloser Arbeiter. Darüber lässt sich aber nur spekulieren.

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