Russland

Als die Ukrainer innerhalb der Sowjetunion die Geschicke des Landes lenkten

Von Breschnew bis Chruschtschow: Die Ukraine hatte einen enormen Einfluss auf die Sowjetunion – was heute von den Machthabern in Kiew lieber herunterspielt oder gänzlich verschwiegen wird. Im Westen wird bis heute allgemein nicht verstanden, dass die Ukrainer in der UdSSR eine zentrale Rolle spielten.
Als die Ukrainer innerhalb der Sowjetunion die Geschicke des Landes lenkten

Von Alexander Nepogodin

In den allerersten Jahren des Bestehens der Sowjetunion spielten die ukrainischen Bolschewiki eine wichtige Rolle beim Aufbau des größten Staates der Welt. Es waren die Menschen aus der Ukraine selbst, die sich während der Zeit unter Stalin an der "Ukrainisierung" beteiligten, die darauf abzielte, die russische Sprache und Kultur in der Teilrepublik zu ersetzen. Obwohl dieser Prozess Ende der 1930er Jahre offiziell beendet wurde, ging er noch viele Jahre weiter, wenn auch träge.

Die sowjetische Politik ermöglichte somit der Ukrainischen SSR, eine ziemlich eigenständige Einheit zu werden, mit einer eigenen nationalen Elite und Intelligenzija – was den Weg zur späteren postsowjetischen Unabhängigkeit ebnete. Darüber hinaus bekleideten viele Parteifunktionäre aus der Ukraine in der UdSSR Schlüsselpositionen.

Im Folgenden werde ich beleuchten, welchen Einfluss die Ukrainer auf die Entwicklung der Sowjetunion hatten und wie es Kiew gelang, sich ein hohes Maß an Eigenständigkeit zu erarbeiten.

Geheime Schriftsätze

Obwohl in der Zentralukraine geboren, zog es Leonid Breschnew vor, nicht über seine Herkunft zu sprechen – während Joseph Stalin ihn als Moldawier betrachtete. Laut Dokumenten hatte sich Breschnew bis in die 1950er-Jahre als Ukrainer und später als Russe ausgegeben. Der frühere französische Präsident Valéry Giscard d’Estaing, schrieb jedoch in seinen Memoiren mit dem Titel "Macht und Leben", dass sein Freund, Edward Gierek, der de facto ein Jahrzehnt lang Herrscher Polens war, ihm einmal erzählt hätte, dass Breschnews Mutter eine Polin gewesen sei.

"Edward Gierek war ein persönlicher Freund von Breschnew. Er erzählte mir – obwohl ich nicht für die Echtheit dieser Informationen bürgen kann –, dass Breschnews Mutter eine Polin war. Breschnew verschwieg dies, weil Russen dazu neigen, Polen mit Spott und Verachtung zu begegnen. Trotzdem war Polnisch seine Muttersprache und mit Gierek telefonierte er oft auf Polnisch."

Auch heute noch bleiben viele Schriftsätze aus der Geschichte der Sowjetunion ein Rätsel. Viele davon betreffen die ethnische Zusammensetzung der Führungseliten des Landes. Solche Informationen wurden vom Zentralkomitee der Partei erst 1989 veröffentlicht; während die Biografien von Mitgliedern der Leitungsgremien der Sowjetzeit erst 1990 veröffentlicht wurden – kurz vor der Auflösung der UdSSR. Alle diese Dokumente bestätigten, dass viele sowjetische Staatsmänner, Politiker, Diplomaten sowie Militärs und Geheimdienstoffiziere in der Ukraine geboren wurden, wobei man Angaben zur ethnischen Herkunft aber häufig wegließ. Außerdem wurden viele, die aus der Ukraine stammten, kurzerhand als "Russen" oder einfach als "Sowjets" registriert. Aus diesem Grund ist es heute so schwierig, den vollen Umfang des politischen Einflusses der Ukrainer auf die Entscheidungsprozesse in der Sowjetunion einzuschätzen.

Es stimmt, dass die Ukrainer viel zum Aufbau des Sozialismus beigetragen haben. Und wenn wir sie alle zusammenfassen, dann kann man erkennen, dass immer sehr viele Funktionäre in den obersten Machtebenen aus der Ukraine stammten. Zwei unter ihnen, Nikita Chruschtschow und Leonid Breschnew, regierten das Land – als Generalsekretäre des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei. Und das letzte Staatsoberhaupt des Landes, Michail Gorbatschow, war ein Nachfahre ukrainischer Bauern, die nach Stawropol in Russland umgesiedelt waren.

Kliment Woroschilow und Nikolai Podgorny waren beide Ukrainer. Sie dienten jeweils als Vorsitzende des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, während eine ganze Reihe von Ukrainern, zu verschiedenen Zeiten, als stellvertretende Vorsitzende fungierten. Darunter Demjan Korottschenko, Michail Gretschucha, Iwan Gruschetskij, Alexei Watschenko und Walentina Schewtschenko. Auch Dutzende der Sekretäre des Zentralkomitees und des Politbüros sowie Mitglieder der Unions-Regierung waren Ukrainer. Außerdem standen Ukrainer an der Spitze des KGB – zum Beispiel Wladimir Semitschastny, der im Oktober 1964 den erfolgreichen Putsch gegen Chruschtschow mit organisierte.

Ein Staat im Staate

Die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik (UkrSSR) wurde von lokalen Eliten verwaltet – was völlig im Widerspruch zu dem modernen Mythos steht, dass die Ukraine innerhalb der Sowjetunion eine "unterdrückte Republik" gewesen sei. Darüber hinaus bekleideten so viele Ukrainer in der Sowjetregierung Schlüsselpositionen, dass alle Behauptungen der heutigen ukrainischen Machthaber, die UkrSSR habe unter dem Joch der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) gestanden und sei de facto eine Kolonie Sowjetrusslands gewesen, einfach nicht stichhaltig sind.

Im Gegenteil. In den 1950er Jahren war die UkrSSR zu einem vollwertigen Kleinstaat geworden, der eine eigene Verfassung und Flagge und sogar ein eigenes Parlament hatte. Tatsächlich spiegelte die Struktur dieser Teilrepublik jene der Regierung der Sowjetunion selbst wider. Die Politik der Ukraine wurde von der Kommunistischen Partei der Ukraine bestimmt, wobei das Politbüro ihr höchstes Machtorgan war; ihre Legislative wurde durch den Obersten Rat vertreten, die später zur Werchowna Rada wurde; während der Ministerrat die Exekutivgewalt ausübte.

Die Wahrheit ist, dass Sowjetrussland keines der oben aufgeführten Privilegien hatte. Die Unions-Regierung erlaubte anderen Republiken, ihre nationalen Ableger der Kommunistischen Partei und der Akademien der Wissenschaften zu haben – aber sie erlaubte dies nicht für Russland. Die RSFSR hatte keine eigene Regierung. Und Joseph Stalin stellte sicher, dass dieser Fall auch nie eintreten würde – aus Angst, dass ein ermächtigtes Sowjetrussland eines Tages die Unions-Regierung herausfordern könnte. Diese Politik wurde dermaßen streng verfolgt, dass 1949 eine Reihe hochrangiger Beamter aus Leningrad (heute: Sankt Petersburg) wegen ihrer Absicht, die Kommunistische Partei Russlands zu gründen, hingerichtet, verbannt oder wegen erfundener Anschuldigungen des Hochverrats inhaftiert wurden. Dieser Vorgang wurde später als die "Leningrader Affäre" bekannt.

Daher sind die heutigen Tendenzen, Sowjetrussland als Kolonialmacht darzustellen, die für die anderen Republiken in der UdSSR verantwortlich war, mehr als fehlgeleitet. Auch andere Republiken genossen Autonomie. Zum Beispiel hatten die Weißrussische SSR und die Ukrainische SSR ab 1945 ihre eigenen außenpolitischen Büros und ihre eigenen Vertretungen bei den Vereinten Nationen, während die Russische SFSR derlei nicht hatte. Dies war ein beispielloses Maß an Autonomie für Republiken, die Teil eines größeren Staates waren. Eine ähnliche Autonomie wird Schottland seitens des Vereinigten Königreichs zum Beispiel nicht gewährt. Und in der Tat können sich nicht so viele moderne Nationalstaaten in Europa damit rühmen, tatsächliche Mitbegründer der UNO gewesen zu sein.

Die Herausforderungen angehen

Jede Sozialistische Sowjetrepublik, einschließlich jene der Ukraine, ließ ihre Landessprache als offizielle Sprache anerkennen – zum Beispiel gaben sowjetische Geldscheine ihren Wert in allen Landessprachen an. Noch wichtiger aber war, dass die Republiken von Einheimischen regiert wurden. Durch die Zusammenarbeit der lokalen Eliten und der Unions-Regierung wurde ab den 1920er Jahren eine Politik der Indigenisierung oder Nativisierung gefördert. Im Fall der Ukraine war es das Projekt der "Ukrainisierung".

Die Idee dabei war, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Erstens, die kommunistische Ideologie zu fördern und möglichen nationalistischen Bewegungen in den Republiken vorzubeugen, indem man ihnen Privilegien und Befugnisse gab. Da die lokalen Nationalisten unvermeidlich Teil der Regierungen der Republiken waren, wurde die Nativisierung von den Kommunisten als praktikable Lösung angesehen, um sie für sich zu gewinnen und zur Zusammenarbeit zu ermutigen. Eine weitere ernsthafte Bedrohung war die Weiße Bewegung.

Die Bevölkerung von Odessa setzte sich 1926 aus 160.000 Russen und 73.000 Ukrainern zusammen. In Charkow, der damaligen Hauptstadt der UkrSSR, lebten 154.000 Russen und 160.000 Ukrainer. Damals waren die Kriterien für die Feststellung der Angehörigkeit recht locker. Manchmal reichte es aus, anzugeben wo sich der Haushalt einer Person befand, während die Muttersprache außer Acht gelassen werden konnte.

Um den neuen sozialistischen Staat aufzubauen, beschlossen die Bolschewiki, jeden möglichen Widerstand im Keim zu ersticken, indem sie die ukrainische Kultur unterstützten und die russische in den Hintergrund drängten. Damals wanderten viele Bauern auf der Suche nach einem besseren Leben in die Städte ab. Da sie aber dort keine Wurzeln hatten, waren sie ein geeignetes Ziel für die Nativisierung durch die Bolschewiki.

Um diese Agenda voranzutreiben, proklamierten sie im April 1923, auf dem 12. Kongress der Kommunistischen Partei, offiziell eine Politik der Indigenisierung, die darauf abzielte, "Spuren des Nationalismus" zu beseitigen. Die Politik implizierte die Förderung lokaler Sprachen und Kulturen sowie die Bildung nationaler Eliten. Das Hauptziel der Kampagne war es, die russische Kultur und Sprache in den Sowjetrepubliken durch lokale Kulturen und Sprachen zu ersetzen – was als Kampf gegen den "großrussischen Chauvinismus" angepriesen wurde, der von Russlands imperialer Vergangenheit geerbt wurde.

Wie der Stahl gehärtet wurde

Die Bolschewiki erklärten effektiv die Notwendigkeit, die Auswirkungen der vom Russischen Reich verfolgten Politik der "Russifizierung" aufzuheben, um den Aufbau des Sozialismus zu erleichtern. Dafür förderten sie lokale Eliten, gaben ihren Sprachen offiziellen Status und finanzierten die Verbreitung von Kultur und gedruckten Medien in diesen Sprachen. So begannen sich die Weißrussen und die "Kleinrussen" (Ukrainer) – zwei Ethnien, die den Kern der russischen Nation bildeten – zu eigenständigen Nationen zu formen, die ihre eigenen Ideologien innerhalb von Grenzen verfolgten, die es zuvor nie gegeben hatte.

Die Politik der Ukrainisierung wurde von lokalen Beamten beaufsichtigt. 1924 kehrte der Hauptideologe und Vordenker der "ukrainischen Nation", der Historiker Michail Gruschewskij, mit der Erlaubnis der Bolschewiki nach Kiew zurück. Er entwickelte und implementierte eine Methode zur breiten Förderung der ukrainischen Sprache durch das Sekundarschulsystem. Gleichzeitig wurden Linguisten damit beauftragt, eine literarische Form der ukrainischen Sprache zu entwickeln. Dieses Projekt wurde von den ukrainischen Bolschewiki Nikolai Skripnik und Stanislaw Kossior umgesetzt.

"Wir großrussischen Kommunisten müssen Zugeständnisse machen, wenn es mit den ukrainischen bolschewistischen Kommunisten Meinungsverschiedenheiten über die staatliche Eigenständigkeit der Ukraine, die Formen ihres Bündnisses mit Russland und über die nationale Frage im Allgemeinen gibt", schrieb Lenin bereits 1920. 

Die Ergebnisse zeigten sich rasch. Der Unterricht in ukrainischer Sprache wurde in allen Institutionen eingeführt, wo pädagogische Fachkräfte und Lehrer in der gesamten UkrSSR ausgebildet wurden. Und die ukrainischer Sprache wurde auch an den Schulen gelehrt, wo der Unterricht ansonsten in einer anderen Sprache durchgeführt wurde. Infolgedessen stieg der Anteil der Industriearbeiter, die sich zunehmend als Ukrainer identifizierten, zwischen 1926 und 1932 von 41 Prozent auf 53 Prozent.

Der Prozess der "Ukrainisierung" wurde jedoch größtenteils von oben aufgezwungen. Und er wurde der russischsprachigen Bevölkerung aufgezwungen, die mit dieser Politik größtenteils unzufrieden war. Sie lehnte insbesondere die Verpflichtung ab, die ukrainische Sprache bei formellen Veranstaltungen und Anlässen zu verwenden. Die Entrussifizierung war mit Propagandakampagnen verbunden, die in sowjetischen Tageszeitungen lanciert wurden, während die Zahl der Presseerzeugnisse in ukrainischer Sprache schnell zunahm.

Dieser rasche Erfolg zähmte den Eifer der ukrainischen Bolschewiki etwas, aber die Kampagne hatte bereits so viel Fahrt aufgenommen, dass sie nur noch schwer zu stoppen war. Was den Kreml dazu zwang, dem Drang der lokalen Eliten nach Eigenständigkeit noch viele Jahre entgegenzukommen. Erst Ende der 1930er Jahre wurde das Projekt der Ukrainisierung endgültig aufgegeben, weil man befürchtete, es könnte die nationalistische ukrainische Bewegung wiederbeleben. Diese Entscheidung hatte allerdings noch einen weiteren Grund: Abiturienten sprachen oft kein Russisch und hatten deshalb Schwierigkeiten an Universitäten, an denen weitgehend mündlich gelehrt wurde.

Die von der sowjetischen Führung bis Ende der 1930er Jahre verfolgte Ukrainisierung legte eine solide Grundlage für die Entwicklung und das Wachstum der ukrainischen Nation und ihrer Kultur. Auch nachdem das Projekt aufgegeben wurde, hielt die Welle nationalistischer Aufwallung, wenn auch träge, noch viele Jahre an. Die sowjetische Politik machte die UkrSSR effektiv zu einer autarken territorialen Einheit innerhalb der Sowjetunion, mit einer eigenen nationalen Elite und einer Klasse kreativer Intellektueller, die den Weg für die finale postsowjetische Unabhängigkeit der Ukraine ebneten. 

 

Die Stunde der Wahrheit

Die ukrainische Sowjetrepublik der Nachkriegszeit ging in die entgegengesetzte Richtung und man begann, die russische Sprache und Kultur zu fördern. Dies geschah, nachdem Nikita Chruschtschow im August 1946, auf der Plenarsitzung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Ukraine, Gelehrte und Sozialwissenschaftler wegen Fehlern in ihrer Interpretation der Geschichte gescholten hatte. Er forderte sie auf, unter den ukrainischen Bürgern "eine Politik der Nulltoleranz gegenüber jeglicher Manifestation des bürgerlichen Nationalismus" zu kultivieren. Die Loyalität der Ukrainer gegenüber dem Sowjetregime wurde von Lasar Kaganowitsch sichergestellt, einem prominenten Politiker, der in den 1920er Jahren für das Projekt der Ukrainisierung mit verantwortlich war.

Dennoch entwickelten sich die ukrainischen Geisteswissenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg weiter, trotz der unablässigen Überwachung durch die Partei. So erschien 1949 der erste Band  der insgesamt zwanzig Bände umfassenden Gesamtausgabe des Dichters und Schriftstellers Iwan Franko. Anfang der 1950er Jahre folgte die Gesamtausgabe des Dichters Iwan Kotljarewskij, und die Gedichte von Lessja Ukrajinka wurden für den Druck vorbereitet. Während sich nicht wenige Forschungsinstitute auf Studien über die Ukraine konzentrierten.

Die nächste Wende ereignete sich nach Stalins Tod 1953 und nachdem der um ihn betriebene Personenkult von Nikita Chruschtschow – der in der Ostukraine aufgewachsen war – auf dem 20. Parteitag angeprangert wurde. Die UkrSSR leitete eine neue Periode der Ukrainisierung ein, nachdem das "Tauwetter" unter Chruschtschow eine teilweise Liberalisierung in Gang gebracht hatte. Auch der Gebrauch der ukrainischen Sprache erfuhr viele Veränderungen. Wörterbücher der ukrainischen Sprache wurden zusammengestellt und die meisten Universitäten in der Republik stellten auf Ukrainisch als Unterrichtssprache um. Außerdem wurde die Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Krim, wo die ethnischen Russen in der Mehrzahl waren, durch einen Erlass Chruschtschows von der Russischen an die Ukrainische Sowjetrepublik übertragen.

"Der Sieg in der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution und die Politik Lenins bezüglich der Nationalitäten ermöglichten es dem ukrainischen Volk, seinen ersten Nationalstaat zu gründen", sagte der erste Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Ukraine, Pjotr Schelest, im Jahr 1970. Und er hatte damit Recht. Die Spitzen der Partei genossen einen Sonderstatus, sowohl in den Partei- als auch in den Regierungsstrukturen der Sowjetunion. 

Bemerkenswerterweise wurde dieser Status unter Leonid Breschnew noch zusätzlich gestärkt, als Wladimir Schtscherbyzkij den Posten des Ersten Sekretärs des Zentralkomitees übernahm. In dieser Zeit wurden Denkmäler für ukrainische Kosaken errichtet, und ein Freilichtmuseum der Volksarchitektur und des ländlichen Lebens in Pirogowo bei Kiew eröffnet.

In der von Stagnation geplagten Ära unter Leonid Breschnew erhielten Ukrainer in Moskau oft hohe Regierungsposten. Nicht ohne Grund scherzten die Leute damals: "Meine goldene Hauptstadt, glorreiches Dnjepropetrowsk", indem sie eine Zeile aus einem populären Lied über Moskau abwandelten. Von 1965 bis 1977 war Nikolai Podgornij, ein Ukrainer, Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR. Und der in Charkow geborene Nikolai Tichonow, dessen Karriere in Dnjepropetrowsk begonnen hatte, war von 1980 bis 1985 Vorsitzender des Ministerrates. Mehrere Mitglieder des damaligen Zentralkomitees hatten Verbindungen zum Gebiet Dnjepropetrowsk. Unter ihnen waren Andrei Kirilenko, Pjotr Schelest, Wladimir Schtscherbyzkij, Marschall Andrei Gretschko und Dmitry Poljanskij.

In den 1980er Jahren, als die Kommunistische Partei der Ukraine von Schtscherbyzkij geleitet wurde, konnte man die Ukrainische SSR als letzte Hochburg des Kommunismus bezeichnen – aber die Geschichte wollte davon nichts wissen. In diesem Zusammenhang fällt mir ein schicksalhafter Satz von Leonid Krawtschuk ein, dem ersten Präsidenten der postsowjetischen unabhängigen Ukraine:

"Die Ukraine kann stolz darauf sein, jener Staat zu sein, der die Sowjetunion zerschmettert hat."

Obwohl die Ukraine zu den führenden Volkswirtschaften innerhalb der UdSSR und zu den zehn am weitesten entwickelten europäischen Nationen gehörte, war es tatsächlich die ukrainische Führung, die eine Schlüsselrolle beim Zusammenbruch der Sowjetunion spielte, eines multinationalen Staates, in dem das ukrainische Volk eine Sonderstellung eingenommen hatte.

Übersetzt aus dem Englischen

Alexander Nepogodin ist ein in Odessa geborener politischer Journalist und Experte für Russland und die ehemalige Sowjetunion.

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