Schüler während des Lockdowns: "Ein verlorenes Jahr nicht nur für die Bildung, sondern auch sozial"
Ein Jahr nach den ersten Schulschließungen in Mecklenburg-Vorpommern sprach RT DE mit der stellvertretenden Vorsitzenden des Landesschülerrates MV Carlotta Petersen. Erst seit diesem Jahr bekleidet sie diese Funktion. Vorher hat sie sich sozial und politisch im Kreisschülerrat sowie bei der CDU engagiert. Sie ist jetzt 17 Jahre alt und schließt die Schule im nächsten Jahr ab. Viele ihrer Freunde machen jedoch bereits in diesem Jahr Abitur, und sie merkt, wie hart das für ihre Freunde nach einem Jahr Lockdown sei. Nach dem Abitur will die Schülervertreterin Jura studieren. Die Pandemie habe diese Entscheidung geprägt: Sie wolle in der Lage sein, etwas zu verändern, "auch wenn Wege etwas aussichtslos erscheinen mögen".
Im letzten Jahr hätten viele Schülerinnen und Schüler einen kompletten Wandel des Lernens und Lehrens erlebt. Die Verlagerung der Schule nach Hause habe einen Umbruch und eine völlig neue Art des Lernens bedeutet, so Petersen. Neben den Lerndefiziten spricht sie auch von gravierenden psychischen Folgen, die von dem mangelnden persönlichen Kontakt mit Mitschülern hervorgerufen werde. Diese Folgen seien bereits jetzt zu spüren. Denn Schule sei nicht nur als Institution des Lernens zu betrachten. Petersen meint:
"Schule ist so viel mehr – es ist ein Auffangbecken, eine Schutzeinrichtung, ein sozialer Dreh- und Angelpunkt. Das bricht jetzt einfach weg und hinterlässt eine große Leere."
Die Schülerin denkt auch darüber nach, was "digitales Lernen" eigentlich heißt. Während dieses nämlich auch in der Schule stattfinden könnte, könne der Distanzunterricht den Präsenzunterricht nicht gleichwertig ersetzen. Ihr zufolge fehlen beim "Homeschooling" der persönliche Kontakt und der ständige Austausch. "Menschen lernen am besten, wenn sie im Dialog miteinander sind", fasst die Schülerin zusammen. Auch könnten die Gefühle, die Kinder und Jugendliche in der Schule besprechen, nicht über digitale Endgeräte ausgetauscht werden. Viele könnten diese Lücke zu Hause nicht füllen, vor allem, wenn die Eltern mit Existenznöten zu kämpfen haben, so Petersen.
Mit Blick auf den Lernstoff, der nicht bewältigt werden konnte, seien ansonsten auch große Defizite festzustellen. Gleichzeitig beobachtet sie aber auch positive Aspekte. Es habe sich nämlich eine neue Art des Lernens entwickelt, die man auch als "Gütesiegel", eine Art Qualifizierung für die Uni, bezeichnen könne. Petersen führt aus:
"Viele sind deutlich selbstständiger geworden. Wir haben gelernt, an verschiedenen Themen zu Hause zu arbeiten, auch ohne Hilfestellung."
Die Schülervertreterin appelliert an die Politik, dass es jetzt besonders darauf ankomme, die Erfahrungen von Schülerinnen und Schülern aus dem letzten Jahr bei politischen Entscheidungen zu berücksichtigen:
"Wir wollen nicht im Nachhinein darüber informiert werden. Wir sind an der Basis des Geschehens und sollten bei Entscheidungen eingebunden werden! Wir wissen, wie das letzte Jahr gelaufen ist – was schlecht war und was ausbaufähig ist. Und das muss auf jeden Fall weiter genutzt werden."
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