Deutschland

Bundesverfassungsgericht gibt Reichelt recht und stärkt Meinungsfreiheit

Der frühere Chefredakteur der "Bild" Julian Reichelt hat mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen das gerichtliche Verbot eines regierungskritischen Tweets einen Erfolg errungen. Er hatte die Bundesregierung wegen der Afghanistan-Hilfen scharf kritisiert, worauf diese ein Unterlassungsurteil gegen ihn erwirkte.
Bundesverfassungsgericht gibt Reichelt recht und stärkt MeinungsfreiheitQuelle: Gettyimages.ru © Uli Deck/dpa

Der frühere Chefredakteur der Bild-Zeitung Julian Reichelt hat einen juristischen Erfolg gegen die Bundesregierung für sich verbuchen können. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe gab Reichelt in dem Streit um die Zulässigkeit eines polemischen Posts recht und stärkte damit überraschend die Meinungs- und Pressefreiheit.

Den Beschluss in dieser Sache fasste der 1. Senat des BVerfG bereits am 11. April 2024, die Pressemitteilung darüber ist am Dienstag veröffentlicht worden.

Hintergrund ist ein Tweet, den der Journalist im August 2023 auf Twitter (heute X) schrieb. Der Text dieser Nachricht lautete:

"Deutschland zahlte in den letzten zwei Jahren 370 MILLIONEN EURO (!!!) Entwicklungshilfe an die TALIBAN (!!!!!!). Wir leben in einem Irrenhaus, in einem absoluten, kompletten, totalen, historisch einzigartigen Irrenhaus. Was ist das nur für eine Regierung?!"

Tatsächlich zahlte Deutschland die Entwicklungshilfe nicht an die Taliban, sondern an Hilfsorganisationen wie UNICEF und verschiedene NGOs.

Die Bundesregierung erwirkte daraufhin ein Unterlassungsurteil des Kammergerichts Berlin, das die Verbreitung des Tweets und der diesem zugrunde liegenden "Tatsachenbehauptung" untersagte. Reichelt legte dagegen Verfassungsbeschwerde ein, über die nun entschieden wurde. 

Die Karlsruher Richter entschieden, dass es sich bei Reichelts Post nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine Meinungsäußerung gehandelt habe. Durch die Verlinkung eines Artikels, in dem die Tatsachen korrekt wiedergegeben wurden, sei ein inhaltlicher Bezug hergestellt worden, den das Kammergericht verkannt habe. Außerdem hätte das Kammergericht bedenken müssen, dass Entwicklungshilfe den Taliban auch indirekt zugutekommen kann, bewertete dies das Bundesverfassungsgericht.

Insoweit müsse die Kritik von Reichelt an der Bundesregierung als kritische Meinungsäußerung gewertet werden, die vom Grundgesetz geschützt sei. Gerade die Staatsorgane müssten auch scharfe und polemische Kritik aushalten, erklärten die Verfassungsrichter in ihrer Begründung.

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